Mitte der 1960er-Jahre war Europa im Aufbruch. Die Wirtschaft wuchs, Städte expandierten, der Warenverkehr nahm rasant zu – doch die Infrastruktur der Nutzfahrzeuge hinkte vielerorts hinterher. Kleintransporter waren oft technisch überholt, eng, untermotorisiert und nur bedingt für die wachsenden Anforderungen des Handels, Handwerks und Gewerbes geeignet. Genau hier setzte Ford an.
Mit dem Ford Transit, der 1965 auf den Markt kam, schuf der Hersteller einen Transporter, der gleich in mehrfacher Hinsicht neue Maßstäbe setzte. Er war:
Der Transit war kein evolutionärer Schritt – er war eine echte Neuentwicklung, die auf einem transnationalen Konzept beruhte: entwickelt in Zusammenarbeit zwischen Ford of Britain und Ford Deutschland, gefertigt für ganz Europa. Kein Wunder, dass der Transit schnell zum Synonym für den modernen Transporter wurde.
In den folgenden Kapiteln beleuchten wir die erste und zweite Modellgeneration im Detail – vom ersten 65er-Transit mit Doppelflügelheck bis hin zum kantigen Arbeitstier der 1980er. Zwei Jahrzehnte, in denen der Transit nicht nur Güter, sondern ganze Branchen bewegte.
Geburtsstunde eines Arbeitstiers
Am 9. August 1965 stellte Ford einen Transporter vor, der den Markt für leichte Nutzfahrzeuge regelrecht aufmischte: den Ford Transit. Entwickelt als Gemeinschaftsprojekt von Ford Deutschland und Ford Großbritannien, verband er die technische Stabilität deutscher Ingenieurskunst mit der Variabilität und Flexibilität britischer Transportlösungen.
Ziel war es, ein Fahrzeug zu schaffen, das die Bedürfnisse eines Handwerkers, eines Kurierdienstes, einer Feuerwehr oder sogar eines Reiseunternehmens gleichermaßen abdecken konnte – ein echtes Multitalent auf Rädern.
Design: Praktisch, kantig, unverkennbar
Der erste Ford Transit setzte schon optisch klare Zeichen:
Mit seiner breiten Karosserie war er deutlich geräumiger als die Konkurrenz (z. B. VW T1 oder Hanomag F20). Dabei wirkte er robust und funktional – genau das, was Gewerbetreibende suchten.
Technik: Hinterradantrieb und starke Motoren
Während viele Konkurrenten auf Frontantrieb setzten, vertraute Ford auf eine bewährte Hinterradantriebsplattform. Der Vorteil: höhere Nutzlast, bessere Traktion unter Last und robuste Antriebstechnik.
Zur Auswahl standen Benzin- und Dieselmotoren:
Getriebe: manuelles 3- oder 4-Gang-Getriebe, wahlweise mit Lenkradschaltung.
Variantenvielfalt: Ein Transit für jeden Zweck
Kaum ein anderes Fahrzeug war so wandelbar:
Die Karosserie stammte in Deutschland anfangs von Karmann, später übernahm Ford die Fertigung selbst. Diese enorme Vielfalt war ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.
Verbreitung und Einsatzgebiete
In kurzer Zeit wurde der Transit zum Standardfahrzeug in Bauhöfen, bei Handwerkern, Hilfsdiensten, Speditionen und Behörden. Auch viele Rockbands, Schausteller und mobile Dienstleister nutzten ihn. Sein Ruf: unkompliziert, geräumig, zuverlässig – und im Fall des V6 auch: verdammt schnell für einen Transporter.
Ein Transit wurde schnell zum Synonym für „Laster in klein“ – eine Kategorie, die es vorher so nicht gab.
Zwischenfazit:
Der Ford Transit der ersten Generation war ein echter Gamechanger. Er verband Pkw-Komfort mit Nutzfahrzeugrobustheit – und setzte mit seiner Vielseitigkeit neue Standards. Kein Wunder, dass er sich millionenfach verkaufte und schnell Kultstatus erreichte.
Optische Schärfung, technische Verbesserungen
Nach sechs Jahren Produktionszeit war der Transit in ganz Europa etabliert. Doch der Markt für Transporter wuchs – und mit ihm auch die Ansprüche. Ford reagierte 1971 mit einem Facelift, das vor allem die Optik modernisierte, aber auch Detailverbesserungen in Technik und Komfort mitbrachte.
Design: Markanter und moderner
Äußerlich war das Facelift klar zu erkennen:
Die Karosserieform blieb grundsätzlich gleich, wurde aber optisch gestreckt und gefälliger, was dem Transit ein zeitgemäßeres Auftreten verlieh.
Innenraum: Funktioneller und fahrerfreundlicher
Auch der Innenraum wurde weiterentwickelt:
Ziel war es, den Fahrerarbeitsplatz näher an den Pkw-Standard heranzuführen – immerhin verbrachten viele Menschen täglich Stunden im Transit.
Technik: Mehr Auswahl, mehr Leistung
Die Motorenpalette wurde erweitert:
Zudem wurde die Bodenfreiheit leicht angepasst und die Hinterachse verstärkt, was dem Transit bessere Fahreigenschaften bei voller Beladung verlieh.
Neue Sondermodelle und Einsätze
In dieser Phase entstanden auch viele branchenspezifische Sonderversionen:
Ford erkannte: Der Transit war nicht nur ein Transporter – er war eine Plattform für zahllose Anwendungen. Dieses Denken wurde konsequent weiterverfolgt.
Zwischenfazit:
Das Facelift von 1971 war keine Revolution, aber eine gezielte Weiterentwicklung, die den Transit zeitgemäß, robuster und nutzerfreundlicher machte. Er blieb das Maß der Dinge im Segment – und war für Ford ein echter Dauerbrenner.
Modernisierung mit Weitblick
Bis Mitte der 1970er-Jahre war der Ford Transit längst ein Klassiker im Straßenbild. Doch die Konkurrenz – allen voran Volkswagen mit dem T2 und später dem T3 – hatte aufgeschlossen. Ford reagierte 1975 erneut: mit einem zweiten Facelift, das die Basisversion nochmals optisch aufwertete, sicherheitstechnisch verbesserte und komfortabler machte. Ziel war es, den Transit bis zum Start der komplett neuen Generation 1978 konkurrenzfähig zu halten.
Design: Neue Front, klareres Gesicht
Das auffälligste Merkmal des 75er-Facelifts war die überarbeitete Fahrzeugfront:
Diese Maßnahmen verliehen dem Transit ein moderneres, sachlicheres Erscheinungsbild, das sich an der damaligen Pkw-Formensprache orientierte.
Innenraum: Mehr Komfort und Ergonomie
Im Innenraum wurde der Fahrerarbeitsplatz weiter optimiert:
Optional waren jetzt Radio, Armlehnen, höhenverstellbares Lenkrad und bessere Schalldämmung erhältlich – Features, die dem Transit neue Käuferkreise eröffneten, auch im Shuttle- oder Wohnmobilbereich.
Technik: Sicherheits- und Detailverbesserungen
Auch unter dem Blech wurde einiges aktualisiert:
Insgesamt wurde der Transit solider, langlebiger und bedienungsfreundlicher – ohne seine typischen Gene zu verlieren.
Nutzwert bleibt Trumpf
Auch 1975–1977 blieb die Transit-Palette beeindruckend breit:
Besonders beliebt: Der Transit als Camperbasis für Westfalia, CI oder selbstgebaute Reisemobile – robuste Technik, viel Platz und einfache Wartung machten ihn zum Favoriten der Reise-Community.
Zwischenfazit:
Das Facelift 1975 war die letzte und reifste Ausbaustufe der ersten Transit-Generation. Mit modernisierter Optik, mehr Komfort und verbesserter Technik ebnete es den Weg für die vollständig neu konstruierte Generation ab 1978.
Neues Jahrzehnt, neues Design, neue Technik
Im April 1978 stellte Ford die völlig neu entwickelte zweite Generation des Transit vor – und die hatte mit dem Vorgänger nur noch wenig gemein. Das neue Modell war nicht länger ein Fahrzeug, das sich aus Evolutionsstufen zusammensetzte, sondern ein von Grund auf neu konstruierter Transporter, der die Anforderungen der kommenden Jahre voll erfüllen sollte: höhere Nutzlast, mehr Sicherheit, moderne Technik – und ein deutlich zukunftsorientierteres Design.
Design: Strenger, sachlicher, zeitgemäß
Der neue Transit präsentierte sich im Look der späten 70er:
Verbesserte Aerodynamik trotz hoher Bauform
Das neue Design war nicht nur moderner, sondern auch leichter zu fertigen und zu warten. Viele Bauteile konnten nun einfacher getauscht werden – ein Plus für Flottenkunden.
Innenraum: Vom Nutzfahrzeug zum Arbeitsplatz
Auch im Innenraum zeigte sich der Generationssprung deutlich:
Erstmals ließ sich der Transit auch mit einem Radio ab Werk konfigurieren – ein Hinweis darauf, dass Fahrkomfort nun eine wichtigere Rolle spielte.
Technik: Nutzlast und Antriebssystem überarbeitet
Mit der zweiten Generation brachte Ford eine verbesserte Plattform:
Die neue Plattform erlaubte eine erhöhte Zuladung, mehr Varianten und eine insgesamt höhere Dauerhaltbarkeit im harten Arbeitseinsatz.
Variantenvielfalt: Transit wird Systemfahrzeug
Die zweite Generation bot noch mehr Auswahl:
Beliebt als:
Der Transit wurde in dieser Phase internationalisiert – er lief u. a. in Großbritannien, Belgien, der Türkei, Südafrika und Neuseeland vom Band.
Kulturelle Rolle: Arbeitstier mit Image
Während der erste Transit vor allem durch Funktion überzeugte, entwickelte sich die zweite Generation auch zu einem Kultobjekt. Seine markante Optik, sein breites Einsatzspektrum und seine mediale Präsenz (z. B. in britischen Krimiserien, bei Rocktourneen oder als typisches „Handwerkerauto“) machten ihn zur Ikone der 1980er-Jahre-Nutzfahrzeugwelt.
Zwischenfazit:
Mit der zweiten Modellgeneration wurde der Transit endlich das, was Ford mit ihm immer sein wollte: Ein modernes, voll konkurrenzfähiges, vielseitiges Nutzfahrzeugsystem – bereit für Flotten, Sonderaufbauten und individuelle Mobilitätslösungen.
Obwohl der Ford Transit vor allem für Arbeit, Last und Alltag stand, entwickelte er über die Jahre hinweg einen echten Kultstatus. Er wurde zum Liebling der Medien, zum Symbol der Subkultur und zum Star mancher kurioser Geschichten, die seine nüchterne Außenwirkung mit einem Augenzwinkern aufbrechen.
Auf der Leinwand: Der Transit als Gangster, Fluchthelfer und Rock’n’Roller
„The Sweeney“ (1970er, UK)
Der Transit taucht regelmäßig in der britischen Kult-Krimiserie als Fluchtfahrzeug auf. Er war so präsent, dass ein Polizist einst sagte:
„Wir verhaften mehr Leute in einem Transit als in jedem anderen Fahrzeug.“
„Snatch – Schweine und Diamanten“ (2000)
In Guy Ritchies Gangsterfilm ist ein Transit wieder mittendrin: als unauffälliger Fluchtwagen mit Patina – ein typischer „White Van“.
„Top Gear“ (BBC)
Jeremy Clarkson widmete dem Transit eine ganze Folge – inklusive Rennstreckentest gegen einen BMW.
Ergebnis: „Wenn ich jemals eine Rockband gründen würde – ich will einen Transit.“
„The Italian Job“ (1969)
Während die Mini Coopers im Vordergrund stehen, rollt im Hintergrund ganz selbstverständlich ein Transit MK1 durchs Bild – als Fahrzeug für das „drumherum“.
Tourbus der frühen Rockgeschichte
In den 1970ern fuhren Pink Floyd, The Who, Genesis und Iron Maiden ihre ersten Touren in umgebauten Transit-Kombis – hinten Matratze, vorne Marshall-Verstärker.
Der Transit war das offizielle Fortbewegungsmittel des britischen Rock’n’Roll-Untergrunds – kein Glamour, aber zuverlässig.
Abenteuer & Absurditäten: Was Transit-Fahrer erleb(t)en
Panzerversion in Nordirland (1970er):
Ford Transit mit kugelsicherem Glas, Gitterfronten und verstärktem Dach – eingesetzt von der Royal Ulster Constabulary in Belfast.
Papstmobil-Prototyp:
1981 entwarf Ford UK einen Transit mit Plexiglas-Kuppel als mobiles Papstfahrzeug – blieb aber ein Einzelstück.
Weltumrundung in 38 Tagen:
Ein Transit umrundete 1985 halb Europa und den Nahen Osten – mit nur einem Reserverad und zwei Kanistern Öl. Begleitet von Technikern… in einem zweiten Transit.
„White Van Racing“ (UK, 1980er):
Illegale Straßenrennen zwischen Bauunternehmern – Transit gegen Transit. Ausgang ungewiss, Lacher garantiert.
Vom Spitznamen zum Kultbegriff
Der Transit hat viele Namen – und alle haben ihre eigene Geschichte:
Spitzname | Herkunft/Bedeutung |
---|---|
„White Van Man“ | Britisches Klischee für chaotisch-fahrende Handwerker |
„Dorfbus“ | Deutschland: Standardfahrzeug für Bauhöfe und Feuerwehren |
„Bandkutsche“ | Umgangssprachlich für Transit als Tourbus |
„Panzerkasten“ | Spitzname bei der Polizei für gepanzerte Varianten |
„Die rollende Werkstatt“ | Aufgrund der häufigen Nutzung durch Handwerksbetriebe |
Zusammengefasst:
Der Ford Transit war nicht nur Transporter – er war Tourbus, Filmrequisite, Fluchtfahrzeug, Bastlertraum und Legende in einem. Genau diese Vielfalt und Allgegenwart machten ihn zu einem der prägendsten Fahrzeuge des Alltags – und der Popkultur.
Vom robusten Handwerkerfahrzeug zur europäischen Ikone
Als der Ford Transit 1965 auf den Markt kam, war er nicht der erste Transporter seiner Zeit – aber der erste, der die Idee eines vielseitigen, konfigurierbaren und langlebigen Nutzfahrzeugs konsequent zu Ende dachte. Schon die erste Generation kombinierte robuste Technik, eine durchdachte Karosseriestruktur und vielfältige Einsatzmöglichkeiten – und wurde damit zum Liebling unzähliger Gewerbetreibender, Behörden und Dienstleister.
Mit jeder Weiterentwicklung – vom ersten Facelift 1971 über die Überarbeitung 1975 bis hin zur völlig neuen zweiten Generation ab 1978 – wurde der Transit immer:
Er war nicht einfach ein Transportmittel – er war ein Werkzeugkasten auf Rädern, ein fahrbarer Verkaufsraum, ein mobiles Büro oder eine kleine Bühne für Tourbands. Die Fähigkeit, sich ständig neu zu erfinden und dennoch seiner Grundidee treu zu bleiben, machte den Transit zu einem der wichtigsten Nutzfahrzeuge des 20. Jahrhunderts.
Das Erbe der ersten beiden Generationen (1965–1986):
Abschliessend:
Der Ford Transit war nicht nur Teil der Wirtschaft – er war Motor ihrer Mobilität.
Ein Fahrzeug, das immer funktionierte, immer verfügbar war und sich jeder Herausforderung stellte. Und vielleicht ist genau das der Grund, warum man ihn heute nicht nur als Nutzfahrzeug, sondern als Zeitzeuge und Kultobjekt sieht.
Mit den Modellgenerationen 3,4,5+6geht es weiter .... daß ist aber eine andere Geschichte :)
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Über den Autor
Christian Hinzmann ist IHK-geprüfter Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung und zertifizierter Microsoft-Experte.
Er betreibt die 1997 gegründete Internet-Agentur BlauWeb Internet-Solutions und ist Gründer des CMS-Systems cmsGENIAL,
mit dem er über 350 Web- und Internet-Projekte erfolgreich umgesetzt hat.
Seine Schwerpunkte liegen in Web-Programmierung, SEO, Social Media, Content-Creation und Online-Marketing.
Mit Retrothek.de widmet er sich der Welt von Retro- und Vintage-Themen.
Dort schreibt er über Oldtimer, klassische Computer, Games, Konsolen und Medien, betreibt ein
umfassendes Glossar und entwickelt ein Branchenverzeichnis für Vintage-Produkte.
Ob als Web-Experte, Redakteur oder Branchenkenner – Christian Hinzmann verbindet technisches Know-how
mit journalistischer Kompetenz und schafft digitale Lösungen, die sowohl praxisnah als auch zukunftsweisend sind.
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