Im Frühjahr 1972 löste der Ford Granada die Modelle 20 M und 26 M (P7b) ab. Parallel dazu wurde der einfacher ausgestattete Ford Consul eingeführt, der sich die Karosserie mit dem Granada teilte, jedoch in der Basisversion mit einfacheren Ausstattungsmerkmalen und schwächeren Motoren angeboten wurde. Ziel war es, mit einem attraktiven Einstiegspreis in die gehobene Mittel- bis Oberklasse vorzudringen – eine Klasse, die bislang von Mercedes-Benz, Opel (mit Commodore und Admiral) sowie BMW dominiert wurde.
Der Granada wurde von Anfang an als europäisches Projekt konzipiert: Entwicklung und Produktion fanden sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland statt. In Köln lief er für den Kontinent, in Dagenham für den britischen Markt vom Band. Die Namensgebung "Granada" stammt übrigens aus Spanien und sollte – laut damaliger Ford-Werbung – an "Sonne, Süden und Souveränität" erinnern.
Design und Karosserie
Optisch setzte der Granada auf klare, kantige Linien mit amerikanischem Einschlag:
Besonders markant war das Granada Coupé, das zunächst mit einem schwungvollen "Hüftschwung" in der Seitenlinie aufwartete – ein Designelement, das bis 1974 beibehalten wurde, bevor das Coupé in einer kantigeren Version neu aufgelegt wurde.
Der Granada wurde in folgenden Karosserievarianten angeboten:
Motoren und Technik
Die Motorenpalette war sehr vielfältig und reichte von den Vierzylindern bis hin zu den charakteristischen V6-Triebwerken:
Die V6-Motoren stammten teils aus britischer ("Essex V6") und teils aus deutscher Produktion ("Kölner V6"). Der 3,0-Liter-Essex galt als besonders robust und war für seine Laufruhe bekannt. Je nach Motorisierung gab es 4-Gang-Getriebe, Overdrive oder eine 3-Gang-Automatik von BorgWarner.
Alle Modelle hatten Hinterradantrieb, eine Einzelradaufhängung vorne, hinten arbeitete eine Starrachse mit Schraubenfedern. Das Fahrverhalten galt als sehr komfortabel, allerdings mit deutlicher Seitenneigung in Kurven – besonders bei den weicher abgestimmten Ghia-Modellen.
Ausstattung und Zielgruppe
Der Granada konnte sehr vielfältig konfiguriert werden. Neben den Basisversionen mit simpler Ausstattung gab es Varianten wie:
ab 1974: Ghia als Topversion mit Velours, Zierleisten, Holzimitation und Vollausstattung
Gerade die GXL- und Ghia-Versionen machten dem Granada zu einem echten Herausforderer für Mercedes und BMW – zu deutlich niedrigeren Preisen.
Die Zielgruppen reichten von Handwerksmeistern über Taxiunternehmer bis zu Landesministerien, die den Granada als kostengünstigen Dienstwagen mit Repräsentationswert einsetzten.
Im Mai 1975 brachte Ford eine umfangreich überarbeitete Version des Granada auf den Markt. Die sogenannte Modellpflege wurde offiziell nicht als neue Generation, sondern intern als „Granada ’76“ bezeichnet. Dennoch war der Schritt mehr als nur kosmetisch: Mit verbesserten Ausstattungsmerkmalen, überarbeiteten Motoren und gezielten technischen Optimierungen wurde der Granada sichtbar gereift – und gleichzeitig als eigenständiges Modell klar gegenüber dem Ford Consul positioniert, der mit dieser Modellpflege entfiel.
Diese Übergangsphase markierte das Ende der ersten Granada-Phase und bereitete gleichzeitig den Boden für die vollständige Neuentwicklung ab 1977. Der Granada 75 war somit ein typischer Vertreter der Zwischenära der 1970er-Jahre: technisch solide, optisch verfeinert, im besten Sinne pragmatisch – aber immer mit Oberklasse-Ambitionen.
Design: Detailpflege mit Wirkung
Die äußeren Änderungen waren auf den ersten Blick dezent, verliehen dem Granada aber eine sichtbar wertigere und modernere Erscheinung:
Auch das beliebte Granada Coupé wurde mit einer geraderen Dachlinie neu gestaltet. Der vorherige „Hüftschwung“ wich einem sachlicheren, zeitgemäßen Fastback-Stil mit flacherer Heckscheibe.
Die Farbpalette wurde aktualisiert, Metalliclackierungen wurden beliebter und waren auf Wunsch mit dunkel abgesetztem Vinyldach kombinierbar – ein damals beliebtes Prestige-Accessoire.
Innenraum: Moderner, komfortabler, durchdachter
Auch der Innenraum wurde überarbeitet:
Erstmals wurde serienmäßig eine Frischluftzufuhr mit Drei-Stufen-Gebläse verbaut. In den gehobenen Ausstattungen bot Ford optional:
Das Platzangebot war weiterhin vorbildlich, besonders auf den Rücksitzen. Damit blieb der Granada auch bei Chauffeurdiensten beliebt.
Technik: Verfeinert und zuverlässiger
Die Grundarchitektur blieb erhalten (Hinterradantrieb, Starrachse), aber es gab zahlreiche Detailverbesserungen:
Auch die Fahrwerksabstimmung wurde überarbeitet – die Federung blieb komfortabel, aber das Aufschaukeln bei Kurvenfahrt wurde spürbar reduziert, insbesondere bei den Turnier-Modellen.
Motorenangebot
Das Motorenangebot blieb nahezu unverändert, wurde aber feiner differenziert:
Der robuste 3.0 Essex-V6 wurde besonders in der Turnier-Variante geschätzt – er kombinierte hohe Anhängelast mit sanftem Durchzug. Die beliebten Getriebeoptionen: 4-Gang-Schaltgetriebe mit Overdrive oder 3-Gang-Automatik von BorgWarner.
Positionierung und Zielgruppe
Mit dem Wegfall des Ford Consul wurde der Granada endgültig zum alleinigen Vertreter der großen Baureihe. Die Kundenstruktur reichte von:
bis hin zu gehobenen Privatkunden, die sich bewusst gegen einen Mercedes oder BMW entschieden, ohne auf Komfort zu verzichten.
Die luxuriöse Ghia-Version war weiterhin das Aushängeschild der Baureihe. Mit Holzapplikationen, Velourspolstern, optionalem Automatikgetriebe und elektrischen Helfern war sie das stille Statement für Menschen mit Sinn für Substanz – statt Stern oder Niere im Grill.
Zwischenfazit:
Der Ford Granada 75 war keine Revolution, aber eine sorgfältige, durchdachte Reifephase der ersten Generation. Mit besserer Verarbeitung, feinerer Technik und wertigerem Design positionierte sich Ford nun noch selbstbewusster gegen die deutsche Oberklasse. Der Granada wurde erwachsen – ohne dabei seine volksnahe Seele zu verlieren.
Im August 1977 brachte Ford die zweite Generation des Granada auf den Markt – ein umfassend neu gestaltetes Fahrzeug, das äußerlich nichts mehr mit seinem Vorgänger gemeinsam hatte, technisch jedoch auf bewährter Basis aufbaute. Der Granada 78 markierte einen wichtigen Schritt: weg von der kantigen Schwere der frühen 70er-Jahre, hin zu einem modernen, sachlichen Design, das bewusst auf Prestige und Zeitgeist setzte.
Gestaltet wurde die neue Karosserie unter Leitung von Uwe Bahnsen, dem damaligen Designchef von Ford Europa. Das Ergebnis war ein Fahrzeug, das mit klaren Linien, besserer Aerodynamik und deutlich modernisiertem Auftritt die gehobene Mittelklasse neu definieren sollte.
Design: Sachlich, glatt, europäisch
Der Granada 78 präsentierte sich mit einer völlig neuen Karosseriesprache:
Diese Optik war nicht mehr amerikanisch inspiriert, sondern deutlich europäischer, klarer und technischer – eine bewusste Abgrenzung zu den frühen Granada-Jahren.
Innenraum: Komfort auf neuem Niveau
Der Innenraum wurde vollständig neu gestaltet:
Ab der Ghia-Version gab es Ausstattungen, die in dieser Klasse selten waren: elektrische Fensterheber, Zentralverriegelung, Lesespots, Radio mit automatischem Sendersuchlauf, Nebelscheinwerfer, Intervallschaltung für den Scheibenwischer und beheizbare Heckscheibe.
Technik: Bewährtes, verbessert
Obwohl der Granada 78 äußerlich völlig neu wirkte, setzte Ford auf bewährte Technik:
in Highlight war die nun auf Wunsch erhältliche Servolenkung, die vor allem bei den V6-Modellen serienmäßig oder optional angeboten wurde.
Motorenpalette
Die Motoren wurden größtenteils aus dem Vorgänger übernommen, aber überarbeitet:
Topmodell war der 2.8 Injection (2.8i) mit Bosch K-Jetronic, 160 PS, Fünfganggetriebe und sportlich abgestimmtem Fahrwerk – gerne als Ghia S oder im RS-Look angeboten.
Optional erhältlich:
Karosserievarianten
Der Granada wurde weiterhin in mehreren Varianten angeboten:
Zielgruppen und Marktposition
Ford positionierte den Granada 78 als Alternative zu:
Dank guter Serienausstattung und einem günstigen Einstiegspreis galt er als Chefauto ohne Arroganz. Besonders bei Flotten, Taxiunternehmern, Landesbehörden und Außendienstleitern war der Granada beliebt.
Zwischenfazit:
Der Granada 78 war ein großer Schritt in Richtung Moderne. Optisch glatter, technisch feiner und komfortabler denn je, war er das ideale Auto für alle, die sich nicht für den Stern oder die Niere entscheiden wollten – sondern für ein gutes Auto ohne Allüren.
Im September 1981 überarbeitete Ford die zweite Generation des Granada umfassend – technisch, optisch und konzeptionell. Unter dem Namen „Granada ’82“ ging das Modell in seine letzte Phase, bevor es 1985 durch den völlig neu konzipierten Ford Scorpio abgelöst wurde. Mehr als 2.000 Detailverbesserungen flossen in dieses Facelift ein. Es war weniger eine neue Generation als vielmehr die perfekte Ausreifung der bestehenden Plattform, mit dem Ziel, Ford im oberen Segment konkurrenzfähig zu halten.
Design: Geschärft, aber nicht überzeichnet
Äußerlich blieb der Granada 82 seinem Grundkonzept treu, zeigte aber in vielen Details mehr Präzision:
Der Granada wirkte damit noch edler, noch moderner und betont sachlich – weniger kantig, aber keinesfalls beliebig.
Innenraum: Neue Maßstäbe im Komfort
Besonders im Innenraum zeigte das Facelift seine Wirkung:
In der Ghia-Version kam nun ein digitales Check-Control-System hinzu: Anzeige für Flüssigkeitsstände, Lichtausfälle und Türkontakt – ein Novum in dieser Fahrzeugklasse.
Technik: Feinschliff unter dem Blech
Auch technisch wurde optimiert:
Die Karosserie wurde in puncto Korrosionsschutz verstärkt – mit verzinkten Blechen an besonders gefährdeten Bereichen (Schweller, Radläufe, Kofferraumboden).
Motoren und Varianten
Die Motorenpalette blieb bestehen, wurde jedoch optimiert:
Die 2.8i-Variante wurde als sportlicher „Ghia S“ mit Tieferlegung, Spoileransätzen und serienmäßigen Leichtmetallrädern vermarktet – und galt als legitimer RS-Nachfolger für die Oberklasse.
Ausstattungen und Optionen
Ford differenzierte die Ausstattung stärker:
Beliebte Optionen:
Zielgruppen
Der Granada ’82 wurde zum Dienstwagen der oberen Mittelklasse: für leitende Angestellte, Behörden, Fuhrparks mit Anspruch – und Privatkunden, die bewusst nicht zum Mercedes griffen. Gerade die 2.8i Ghia-Modelle mit Automatik waren gefragte Autobahnkreuzer.
Zwischenfazit:
Der Ford Granada 82 war die gelungene Finalausbaustufe einer der wichtigsten Baureihen von Ford Deutschland. Elegant, komfortabel und technisch durchdacht – ein Fahrzeug, das mit Selbstbewusstsein und ohne Übertreibung in der Oberklasse mitfuhr.
Der Granada zwischen Polizei-Einsatz, Krimiserien und Tuningträumen
Ob auf der Autobahn, vor dem Landratsamt oder in der Werkstatteinfahrt – der Ford Granada war in den 70ern und 80ern allgegenwärtig. Doch neben seiner Rolle als Geschäftsfahrzeug und Familiengleiter entwickelte er ein überraschendes Doppelleben: auf der Leinwand, auf Rallyepisten und in den Herzen der Tuning- und Behördenfans.
Film, Funk und Fernsehen: Der Granada als Nebenrolle mit Hauptwirkung
Die Profis (The Professionals, UK, 1977–1983):
Der Chef des CI5, George Cowley, fuhr einen Granada – und im Vorspann flog ein weiteres Exemplar spektakulär durch eine Glasfassade. Der Granada war dort Symbol für britische Polizeipower und Robustheit.
Der Fahnder (ab 1983):
In den ersten Staffeln fuhr Hauptdarsteller Faber (Klaus Wennemann) einen grünen Ford Granada der ersten Serie – obwohl das Modell zu diesem Zeitpunkt schon als „alt“ galt. Das verlieh der Figur zusätzlich Bodenständigkeit.
Tatort – Schimanski (ab 1981):
Götz George alias Horst Schimanski nutzte in mehreren frühen Folgen einen Ford Granada der zweiten Serie als zivilen Dienstwagen – markant, rau, und perfekt zur Figur passend.
Der Schnüffler (1983):
Dieter Hallervorden fuhr in dieser Filmkomödie einen Granada der ersten Serie – allerdings als Taxi, was dem Auto eine skurril-liebenswerte Rolle verlieh.
The World’s End (2013):
Im britischen Kultfilm von Edgar Wright fährt Simon Peggs Figur ein schwarzes Granada Ghia-Modell mit dem Spitznamen „Das Biest“ – ein spätes filmisches Denkmal für den Klassiker.
Die Füchse (UK):
Ermittler Regan war regelmäßig mit einem braunen Granada Ghia unterwegs – auch hier: bürgerlich, robust, glaubwürdig.
Staatskarosse ohne Stern
Schraubers Liebling und Tuningspielplatz
Der Granada war robust, übersichtlich konstruiert und hatte viel Platz unter der Haube – ideale Voraussetzungen für Bastler:
In der Tuning-Szene der 80er-Jahre war der Granada – vor allem als Ghia S – ein Geheimtipp für Leute mit Anspruch, aber ohne GTI-Drang.
Granada als Leichenwagen & Hochzeitsauto
Zahlreiche Karosseriebauer (z. B. Pollmann oder Binz) fertigten verlängerte Granada auf Basis der Limousine – als Bestattungsfahrzeuge.
Gleichzeitig war der Granada Turnier mit Dachträger und Fichtenzweig beliebtes Hochzeitsauto auf dem Land – wenn kein Benz zur Verfügung stand.
Spitznamen & Szene-Kürzel
Bezeichnung Bedeutung / Einsatz
„Direktoren-Diesel“ Spöttischer Beiname für 2.5 D-Turnier mit Grundausstattung
„Der große Ford“ Inoffizielle Bezeichnung im Innenministerium NRW
„Schlafsofa auf Rädern“ Wegen der bequemen Sitze und der langen Federwege
„GHIAtron“ Szene-Slang für überladene Ghia-Modelle mit zu viel Chrom
„Tatort-Granada“ Umgangssprachlich für schwarze 2.8i-Limousinen mit Stoffsitzen
Zusammengefasst:
Der Granada war viel mehr als ein gehobener Ford. Er war Symbol einer Generation, Statusmobil für Aufsteiger, Spielwiese für Schrauber und Serienheld in der Vorabendunterhaltung. Und genau das macht ihn bis heute zu einem der liebenswertesten Fahrzeuge der deutschen 70er- und 80er-Jahre.
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Über den Autor
Mit Retrothek.de widmet er sich der Welt von Retro- und Vintage-Themen.
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Christian Hinzmann ist IHK-geprüfter Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung und zertifizierter Microsoft-Experte.
Er betreibt die 1997 gegründete Internet-Agentur BlauWeb Internet-Solutions und ist Gründer des CMS-Systems cmsGENIAL,
mit dem er über 350 Web- und Internet-Projekte erfolgreich umgesetzt hat.
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Ob als Web-Experte, Redakteur oder Branchenkenner – Christian Hinzmann verbindet technisches Know-how
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